Bundestagsrede zur Kernfusionsforschung: Meine letzte Rede im Deutschen Bundestag

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Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Frau Ministerin, liebe Kolleg:innen, liebe Gäste,  

ich muss leider etwas Wasser in den Wein der Union gießen, denn die Fusionsenergie wird kurz- und mittelfristig keinen Beitrag zur Energiewende leisten können. Sie ist keine Allzweckwaffe gegen die Klimakrise.  Aber die gute Nachricht ist:  

schon heute haben wir dank Spitzenforschung hierzulande Technologien, die uns JETZT sicher, nachhaltig und bezahlbar mit Energie versorgen können.  Und genau bei diesen Technologien müssen wir ansetzen:  die Erneuerbaren Energien weiterhin massiv ausbauen und weiterentwickeln,  die Wärmewende genauso wie die Verkehrswende vorantreiben und bessere Energiespeicher entwickeln! Das ist der Weg zu Klimaneutralität, und dafür kämpfen wir Bündnisgrüne tagtäglich auch in unserer Koalition.  

Gleichzeitig brauchen wir einen differenzierten Blick auf die Möglichkeiten der Kernfusion. Natürlich sage ich Ihnen als Forschungspolitikerin, dass wir die Fusionsforschung nicht vernachlässigen dürfen. Nicht nur, weil sie langfristig womöglich Potenziale als eine zusätzliche und unabhängige Energiequelle bietet, sondern auch, weil sie Durchbrüche in anderen Feldern, wie z.B. für Supraleiter oder in der in der Lasertechnologie ermöglichen kann. Diese Potenziale sollten wir weiter erforschen – auch und gerade am Forschungsstandort Deutschland. 

Denn Deutschland gehört bereits jetzt zur Weltspitze der Fusionsforschung. Und wir haben damit die Chance, künftig auch bei der Technologieentwicklung eine führende Rolle einzunehmen. Mit der SPRIND, der Bundesagentur für Sprunginnovationen, fördern wir aktuell schon einen wichtigen Akteur, der unter anderem im Bereich der Kernfusion aktiv ist – aber eben auch bei der Erforschung von neuen, wirksameren Windkraftanlagen! Außerdem fördert das BMBF gezielt die Fusionsforschung. Wir sind also längst auf dem richtigen Weg – diesen Antrag der Union braucht es dazu nicht. Er ist inhaltlich arg mager und vor allem irreführend. Die Union suggeriert ja, dass die Kernfusion einen Beitrag zur Klimaneutralität 2045 leisten könnte. Das ist ein falsches Versprechen, das bestätigt auch die deutliche Mehrheit der Fusionsexpertinnen und -experten.  

Wir tun beides: wir bauen Erneuerbare Energien massiv aus und entwickeln sie weiter und erforschen zugleich die Potentiale der Kernfusion. So sieht seriöse Politik aus. Mit Scheuklappen an den Augen nur auf eine Technologie zu starren, das ist das Gegenteil von Technologieoffenheit, liebe Union, das ist Technologieblindheit, und das machen wir nicht mit, liebe Kolleginnen und Kollegen.  

Weil das heute meine letzte Rede im Bundestag ist, seien mir noch zwei persönliche Anmerkungen erlaubt:  

Zum einen ein Dank: zuallererst an meinen Mann und an meine Familie, ohne den und ohne die ich diesen Job hier nicht hätte machen können! Und ein Dank an die Mitarbeiter*innen in meinem Büro: Ihr seid das beste Team, das ich mir überhaupt nur hätte wünschen können. Und Dank an die Kolleg*innen meiner Fraktion, aber auch an die Kolleg*innen der anderen demokratischen Fraktionen für die (zumindest meistens) gute Zusammenarbeit. Und ein Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier im Hause und in den Ministerien: diese Demokratie würde nicht funktionieren ohne diese Menschen, die jeden Tag dafür arbeiten. Und daran anschließend mein zweiter Punkt: unsere Demokratie. Manche haben mich gefragt, ob ich mit dieser Wahlwiederholung hadere.  

Für mich ist ganz klar: der Schutz unserer Demokratie muss oberste Priorität haben. Wenn bei Wahlen Fehler gemacht wurden, dann muss das repariert werden. Ja, natürlich bin ich enttäuscht, vorerst nicht mehr hier in diesem hohen Haus für dieses Land und für die Menschen in diesem Land arbeiten zu dürfen. Und dennoch: nein, ich hadere nicht mit dieser Wahlwiederholung. Denn sie ist der Beweis, dass unsere Demokratie funktioniert und dass unser Rechtsstaat unsere Demokratie erhält. 

Deshalb zum Abschluss meine Bitte: kämpft, kämpft weiter für diese Demokratie! Das ist unser aller Job, draußen auf der Straße, in den Vereinen, in der Schule oder am Arbeitsplatz, und auch hier im Hause: jeden einzelnen Tag für unsere Demokratie einzustehen!  

Ich wünsche mir, dass dafür alle demokratischen Parteien zusammenarbeiten, dass wir einen Diskurs pflegen, der die Menschen im Land mitnimmt, der zugesteht, dass auch das Gegenüber recht haben könnte, der wertschätzt, dass wir unterschiedlich sind und in dieser Unterschiedlichkeit einen Gewinn für unser Land erkennt. Streitet,  aber streitet konstruktiv – und streitet gemeinsam für unsere Demokratie! 

Vielen Dank!