Gastbeitrag: Weg mit der Gießkanne!

Gastbeitrag in der Fuldaer Zeitung
Gastbeitrag in der Fuldaer Zeitung

Priorität auf Qualität für mehr Fachkräfte in KiTas

Zu den bundesweit 384.000 fehlenden Kitaplätzen schreibt Nina Stahr, bildungspolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion 

Wer in Deutschland ein Kind bekommt, hat eigentlich gute Voraussetzungen: bis zu 14 Monate Elterngeld, Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz und ab 2026 Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule. Eltern müssen sich keine Sorgen um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf machen. Eigentlich.  

Die Realität sieht anders aus. Die neuesten Zahlen einer Bertelsmann-Studie zeigen, wie weit Anspruch und Wirklichkeit auseinander klaffen. Im kommenden Jahr werden in Deutschland knapp 384.000 Kitaplätze fehlen. 

Viele dieser Plätze wären theoretisch da – können aber nicht belegt werden, weil keine Erzieher*innen da sind. Um die fehlenden Plätze zu schaffen, braucht es 98.600 zusätzliche Fachkräfte. 

Dass es so weit kommen konnte, liegt zum einen an lange etablierten Strukturen: Ehegattensplitting und schlechtere Bezahlung von Berufen, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden. Diese Strukturen haben über Jahre dafür gesorgt, dass ein Elternteil – meist die Mutter – zu Hause ist und sich um die Kinder kümmert. Dass dies in Ostdeutschland anders ist als im Westen, zeigt sich auch an der Kitaplatzsituation: Während im Westen im kommenden Jahr 362.400 Plätze fehlen, ist der Bedarf im Osten mit 21.200 Plätzen deutlich weniger gravierend.  

Zum anderen hat die Politik versäumt, rechtzeitig Vorsorge zu treffen: So wurde der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz 2013 ab einem Jahr richtigerweise eingeführt, aber die Voraussetzungen zur Gewährleistung dieses Anspruchs nicht geschaffen.   2019 wollte dann die damalige Familienministerin Giffey mit dem Gute-Kita-Gesetz die Länder zwar beim Ausbau und der Verbesserung der Kitaqualität unterstützen, hat aber stattdessen die Gießkanne herausgeholt und mit der Beitragsfreiheit Wahlkampfgeschenke ihrer Parteigenossen finanziert. 

Das muss sich nun ändern! Deswegen haben wir uns als Ampelkoalition auf einen ambitionierten Fahrplan verständigt: Wir entwickeln das Gute-Kita-Gesetz weiter zu einem Kita-Qualitätsgesetz.

Dabei fokussieren wir auf Sprachförderung, Qualifikation von Fachkräften und Verbesserung des Personalschlüssels. Dafür arbeiten wir auch an einer Fachkräfteoffensive. Klar ist: Für viele Fachkräfte sind die Arbeitsbedingungen entscheidend, deshalb gilt es, diese zu verbessern.  Ausreichend Fachkräfte bekommen wir nicht von heute auf morgen. Ich setze mich deshalb für einen Stufenplan ein, der verbindliche Zwischenziele festhält. Zeitgleich müssen wir alle Möglichkeiten nutzen, Fachkräfte zu mobilisieren: schnellere Anerkennung von ausländischen Abschlüssen, Möglichkeiten des Quereinstiegs und multiprofessionelle Teams in Kitas. 

Wir werden mit dem Kita-Qualitätsgesetz in den kommenden zwei Jahren vier Milliarden Euro investieren, damit die Qualität in den Kitas – und damit auch die Arbeitsbedingungen für die Fachkräfte – besser werden. Wichtig ist mir dabei: Die klare Priorität auf Qualität.

Es darf in Zukunft keinen Unterschied mehr machen, wo ein Kind in die Kita geht – egal ob Neustrelitz, Fulda oder Berlin: Alle Kinder haben gute Startchancen verdient! 

Nina Stahr

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