Infektionsschutzgesetz – persönliche Erklärung: warum ich einem schlechten Kompromiss zustimme

Der Bundestag hat heute über die Änderung des Infektionsschutzgesetzes und damit über den Wegfall eines Teils der Schutzmaßnahmen gegen die Corona-Pandemie abgestimmt.  

Dass die Pandemie nicht vorbei ist, zeigen uns die Zahlen: der Rekordwert von knapp 300.000 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden, der neue Höchststand der 7-Tages-Inzidenz von über 1650 und 200 bis 300 Menschen, die täglich an Corona sterben. In diese Situation hinein die Schutzmaßnahmen zu lockern, halte ich für den falschen Weg. Zwar ist Omikron eine nicht so gefährliche Variante wie Delta es war, dafür aber umso ansteckender. Und auch mit dieser vermeintlich milden Variante landen Menschen auf Intensivstationen, sterben oder sind für Monate, Jahre oder gar den Rest ihres Lebens beeinträchtigt.

Insbesondere für Menschen, die trotz Impfung oder weil sie nicht geimpft werden können, das Risiko eines schweren Verlaufs haben, ist auch Omikron eine Bedrohung. Und selbst für jeden gesunden Menschen sind die hohen Inzidenzen und nach wie vor vollen Krankenhäuser ein Problem: Wenn zu viele Krankenhausbetten von Corona-Patient:innen belegt sind, müssen andere Untersuchungen und Behandlungen abgesagt werden. Unser Ziel muss sein, eine solche Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden. Dafür braucht es neben einer hohen Impfquote auch bestimmte Basisschutzmaßnahmen wie Maske und Abstand halten.

Die Maskenpflicht in großen Teilen des öffentlichen Lebens ist in meinen Augen ein geringer Eingriff in die Freiheit der einzelnen, der klar gerechtfertigt ist, da er die Gesundheit aller schützt. Deshalb ist es richtig, dass auch nach der Änderung des Infektionsschutzgesetzes die Maskenpflicht beispielsweise im ÖPNV oder in Pflegeheimen bestehen bleibt. Aber es gibt auch andere Bereiche, in denen vulnerable Gruppen sich bewegen – denn diese leben mitnichten alle in Pflegeheimen. Gerade im Supermarkt oder in der Schule wäre es wichtig, weiterhin die Maskenpflicht zu ermöglichen. Menschen müssen einkaufen und sich versorgen können ohne zu fürchten, sich im Supermarkt mit Corona zu infizieren. Und das eigene Tragen der Maske reicht dafür eben nicht aus; wir alle wissen, dass Masken vor allem dann wirksam sind, wenn sie auch zum Fremdschutz getragen werden. Gleiches gilt für Schulen, und hier sogar noch verstärkt, denn in Deutschland besteht Schulpflicht.

Die Bundesländer tun sich aus guten Gründen schwer, die Präsenzpflicht einfach auszusetzen, da die Beschulung der Kinder und Jugendlichen dann nicht in allen Fällen sichergestellt ist. Wenn Kinder jedoch in die Schule gehen müssen, dann muss Schule auch ein Raum sein, der so sicher wie möglich ist. Völlige Sicherheit wird es nie geben, aber Luftfilter und Masken tragen enorm zur Sicherheit in der Pandemie bei. Den Schutz der Masken hier einfach wegfallen zu lassen, ist unverantwortlich. Auch hier ist es falsch, zu erwarten, dass besonders gefährdete Kinder die Maske einfach weiterhin tragen; damit ist kein ausreichender Schutz gewährleistet. Und der deutlich größte Teil der Kinder und Jugendlichen in Schulen versteht, warum Masken zum jetzigen Zeitpunkt noch notwendig sind und einen Beitrag leisten, die Pandemie zu bekämpfen.

Die psychische Gesundheit von Kindern leidet wesentlich weniger unter Masken als unter anderen Einschränkungen wie beispielsweise mehrfache Quarantäne oder Schul- und Kitaschließungen, die womöglich wieder notwendig werden, weil zu viele Lehrkräfte und Erzieher:innen erkrankt sind und der Unterricht bzw. die Betreuung nicht mehr sichergestellt werden kann – dies durch eine Maskenpflicht zu verhindern, wäre der richtigere Weg.  

Dennoch habe ich der Änderung des Infektionsschutzgesetzes schweren Herzens zugestimmt. Denn wenn wir diese Änderungen nicht beschlossen hätten, wären sämtliche Maßnahmen einfach ausgelaufen. Es wäre fortan gar kein Schutz wie beispielsweise die Maskenpflicht im ÖPNV, Arztpraxen oder Pflegeheimen gegeben. Das wäre definitiv noch schlimmer. Hinzu kommt, dass die Bundesländer mit der Hotspot-Regelung zumindest die Möglichkeit haben, weiterhin eine Maskenpflicht auch in Einzelhandel und Schule anzuordnen. Diese Regelungen müssen von den Landesparlamenten beschlossen werden und ich hoffe, dass die Bundesländer, die derzeit eine angespannte Situation haben, davon Gebrauch machen.

Ich bin nicht zufrieden mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes – aber in der Koalition war es nicht möglich, sich auf weitergehende Maßnahmen zu einigen. Hierfür trägt insbesondere die FDP die Verantwortung. Wir standen deshalb nun vor der Entscheidung, einem Kompromiss zuzustimmen, der zumindest einige Maßnahmen weiterhin beschließt und in Hotspots weitere Maßnahmen ermöglicht oder aber die Änderungen abzulehnen und damit alle notwendigen Schutzmaßnahmen wegfallen zu lassen. Zweiteres wäre der noch falschere Weg. Deshalb habe ich dem Gesetz zugestimmt. 

Die persönliche Erklärung, die ich dazu mit anderen Abgeordneten abgegeben habe, findet Ihr hier.